top of page

Ahmad Tawana - Stuckateurmeister

Stuckateur-Ahmad-Tawana-Bruehl.png

Wer es kurz mag: Ich wurde in Afghanistan geboren, bin im Iran aufgewachsen und mit 18 Jahren nach Deutschland geflohen. Meine Ausbildung zum Stuckateur habe ich bei Hans-Hermann Hürth in Brühl gemacht. 2016 wurde ich bei den Leistungswettbewerben im Beruf Stuckateur zuerst Kammersieger, dann Landessieger und schließlich Bundessieger. 2019 habe ich meinen Meistertitel erlangt und 2020 meinen eigenen Betrieb gegründet.

Und hier die Langfassung:

Ein Stuckateurssohn aus Afghanistan

 

1990 wurde ich in Afghanistan geboren. Im Grunde war dort seit meiner Geburt Krieg – mal mehr, mal weniger. Nach dem Abzug der Sowjets brach das Land auseinander, verschiedene Gruppen, Milizen und Parteien kämpften um die Macht und zerstörten dabei das ganze Land. Als ich zehn war, ist meine Familie ins Nachbarland Iran geflohen. Dort waren wir zunächst sicher. Ich konnte zur Schule gehen und mein Vater als Stuckateur die Familie über die Runden bringen. In den Ferien half ich ihm bei der Arbeit und lernte dabei, wie man mit Gips und Spachtel umgeht. Nach meinem Abitur in Maschhad wollte ich zunächst studieren, aber das hat nicht geklappt. Nicht als Afghane im Iran. Man kann noch so fleißig und noch so motiviert sein, richtige Aufstiegschancen bleiben einem verwehrt.

Flucht aus dem Iran

 

Mit 18 bin ich nach Europa aufgebrochen. Deutschland war gar nicht mein Hauptziel. Ich wollte einfach nur weg aus dem Iran. Irgendwohin. Schließlich bin ich in Coburg gelandet. Oberfranken. Hier habe ich meine ersten Worte Deutsch gelernt. Und bald ganze Sätze gesprochen. Wenig später habe ich dort auch ein Praktikum bei einem Stuckateur gemacht. Eher unbewusst bin ich dadurch in die Fußstapfen meines Vaters getreten. Was hätte ich denn sonst machen sollen? Das Praktikum im Stuckateurbetrieb war nicht besonders motivierend. Ich habe kaum was gelernt, dafür viel geschuftet. Aber ich möchte mich nicht beschweren. Für den Einstieg ins Berufsleben war es ok. Irgendwann war ich dann in Bonn und sofort beeindruckt von den historischen Gebäuden und den vielen tollen Stuckarbeiten, die es hier gab. Und innerlich habe ich sofort den Entschluss gefasst: Ich möchte ins Rheinland ziehen.

Stuckateur-Ausbildung in Köln: Freude und Frust

 

Rund 20 Bewerbungen habe ich an Unternehmen in Bonn, Köln und Umgebung verschickt. Von einem Stuckateurbetrieb in Köln habe ich zuerst eine Einladung, dann ein Ausbildungsangebot bekommen. Ich war glücklich. Zusammen mit meiner Frau und mittlerweile auch einem Kind bin ich hierhin gezogen. Ich war motiviert, wollte viel lernen und zeigen, was ich kann. Doch auf dem Bau ging es schroff zu. Ich wurde diskriminiert und schikaniert, gemobbt und geschlagen. Das hat sich nicht nur negativ auf meine Arbeit ausgewirkt, sondern auch auf meine Ehe. Sie ging kaputt. Ich verlor meinen Antrieb und wollte statt Stuckateur lieber Pizzafahrer werden.

Zweiter Anlauf bei Stuckateurmeister Hans-Hermann Hürth

 

Als ich dabei war, meine Ausbildung abzubrechen, hat sich die Stuckateurinnung eingeschaltet und mich aufgrund meiner guten Leistungen vermittelt – an Hans-Hermann Hürth. Anfangs bin ich nur aus Pflichtbewusstsein hin, weil ich niemanden enttäuschen wollte. Innerlich habe ich schon Pizzen ausgefahren. Aber schnell habe ich gemerkt, dass es in diesem Betrieb anders zugeht. Das hier Wärme und Herzlichkeit herrschen. All das, was ich so viele Jahre vermisst hatte. Schnell kam die Motivation und die Liebe zum Stuck zurück. Für mich war Hans-Hermann Hürth vor allem ein hervorragender Stuckateurmeister, von dem ich viel lernen konnte; für meine Tochter war und ist er bis heute vor allem „Opa“. Wir haben ihm viel zu verdanken.

Bester Stuckateur Deutschlands

 

Wer seine Arbeit so liebt wie ich, dem fällt sie leicht. Und weil mir Stuckarbeiten Spaß machen, war ich auch gut darin. So wurde ich im Juni 2016 Kammersieger – mit 100 von 100 Punkten. Das hatte noch niemand geschafft. Ich war stolz auf mich. Und es ging noch weiter: Im September 2016 gewann ich den NRW-Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks und einen Monat später sogar den Bundeswettbewerb. Ich, Ahmad Tawana, war der beste Stuckateur Deutschlands! Spätestens da war mir klar, dass ich nicht nur Geselle, sondern Meister werden wollte. Hans-Hermann Hürth unterstützte mich abermals dabei. Im Betrieb stieg ich zur Teamleitung auf und nebenbei besuchte ich Kurse an der Abendschule. 2019 bekam ich schließlich meinen Meisterbrief – wieder mit „sehr gut“. Und im Juni 2020 habe ich mein eigenes Unternehmen gegründet: Stuck Tawana.

bottom of page